Inobhutnahme: Jugendamt

Jeder Jugendamt-Mitarbeiter steht vor dem Problem, dass auf Dauer sein Arbeitsplatz gefährdet wäre, wenn er nicht in regelmäßigem Abstand Kindeswohlgefährdung diagnostiziert. Eine Jugendamt-Planstelle, die nicht regelmäßig in Krisensituationen intervenieren muss, ist überflüssig und kann dementsprechend im Rahmen von Sparmaßnahmen wegrationalisiert werden. Der Jugendamt-Mitarbeiter wird schließlich von Seiten des Staates und somit auf Kosten der Allgemeinheit, sprich: der Steuerzahler, finanziert.

Das eben beschriebene Szenario führt unweigerlich zu der Situation, dass Jugendamt-Mitarbeiter auch unbegründete Kindeswohlgefährdungen diagnostizieren. Schlichtweg aus dem Grund, dass sie ihren eigenen Arbeitsplatz behalten wollen. Ohne gefährdete Kinder funktioniert das Finanzierungsmodell der Sozialindustrie nicht.

Hinzu kommt, dass der Beruf des Jugendamt-Mitarbeiters oft von Personen ergriffen wird, die aus einem wohlbehüteten, meist akademischen Elternhaus stammen und jeden Lebensentwurf, der nicht ihren Idealvorstellungen entspricht, zur Kindeswohlgefährdung heraufbeschwören, sodass eine Inobhutnahme angeblich unausweichlich sei.

Dass eine Fremdunterbringung, die wohlgemerkt sehr kostspielig ist und Unsummen an Steuergeldern verschlingt, in vielen Fällen kontraproduktiv ist – also dem Kindeswohl widerspricht – wird gerne außer Acht gelassen. Bezahlen müssen schließlich die Fremdunterbringung nicht die Jugendamt-Mitarbeiter selbst, sondern je nach finanzieller Ausstattung entweder die Eltern gemäß der Kostenbeitragsverordnung oder bei nicht vorhandener Zahlungsfähigkeit der Eltern vollständig die Staatskasse, sprich: die Steuerzahler.

Bei der DVGT-Tagung am 6. März 2010 in Berlin hat der Autor des Buches „Psychische Gesundheit von Heimkindern“, Marc Schmid, umfassend zu der Thematik „Komplex traumatisierte und bindungsgestörte Heimkinder“ referiert. Demnach zeigen nur zwei von 72 Heimkindern ein sicheres Bindungsverhalten. Die Bindungsproblematik der Betroffenen werde mit jedem weiteren Beziehungsabbruch verschärft. Die Zahl der Beziehungsabbrüche korreliert mit einer höheren Delinquenz auf dem weiteren Lebensweg. Heimkinder sind vor allem wegen des Mangels an festen Bindungen für psychische Erkrankungen weitaus anfälliger als die Normpopulation. Über 70% der Heimkinder befinden sich im klinisch auffälligen Bereich. In der Pubertät und Adoleszenz treten insbesondere affektive Störungen, Substanzmissbrauch, Selbstverletzung, Suizidalität, Störungen der Persönlichkeitsentwicklung sowie dissoziative und somatoforme Störungen auf.