Inobhutnahme: Fallbeispiel

Nachdem sich das Kind in der Kita oder in der Schule nicht wie gewünscht entwickelt, schicken die Kita oder die Schule eine Meldung einer Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt. Während daraufhin einige Jugendamt-Mitarbeiter versuchen, gemeinsam mit den Eltern eine Lösung zu finden, gibt es jedoch auch das absolute Gegenteil. Einige Jugendamt-Mitarbeiter sehen in den Eltern die Ursache allen Übels und betrachten jedes Erziehungsverhalten, das nicht ihren Idealvorstellungen entspricht, als Kindeswohlgefährdung, die unbedingt einer Inobhutnahme bedarf.

Eine Inobhutnahme erfolgt in der Regel durch das Jugendamt, gelegentlich auch durch das Jugendamt und die Polizei gemeinsam oder in seltenen Fällen durch die Polizei allein. In den meisten Fällen werden die Kinder, während sie sich in der Kita oder in der Schule befinden, in Obhut genommen.

Ein Jugendamt-Mitarbeiter und/oder ein Polizeibeamter teilt dem Kind mit, dass es nicht mehr nach Hause darf und bringt es entweder in ein Heim oder in eine Bereitschaftspflegefamilie. Für die meisten Kinder ist eine solche Situation traumatisierend, da dies eine abrupte Trennung von ihren bisherigen Bezugspersonen und Herausnahme aus ihrem gewohnten Umfeld bedeutet.

Nach der Inobhutnahme versuchen die Jugendamt-Mitarbeiter in einem Gespräch – mal mit mehr und mal mit weniger Druck – die Erziehungsberechtigten davon zu überzeugen, dass sie der Fremdunterbringung ihres Kindes zustimmen sollen. Stimmen die Erziehungsberechtigung dem zu, stehen die Chancen auf eine baldige Rückkehr der Kinder sehr schlecht.

Verlangen die Erziehungsberechtigten die Herausgabe der Kinder, muss das Jugendamt – wenn es der Herausgabe der Kinder nicht zustimmt – beim zuständigen Amtsgericht (Abteilung: Familiengericht) sowohl im Eilverfahren als auch im Hauptsacheverfahren den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts beantragen.

Für die Verhandlung vor dem Familiengericht sollte unbedingt ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, der sich – beispielsweise auf seiner Internetseite oder auf der Internetseite www.anwalt.de – in irgendeiner Form zum Thema Inobhutnahme geäußert hat. Viele Rechtsanwälte werden umgangssprachlich als sogenannte „Untergangsbegleiter“ bezeichnet. Die Wahl des richtigen Anwalts ist daher von entscheidender Bedeutung.

Sollte das Familiengericht im Eilverfahren dem Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht zustimmen, sollte man sich damit nicht zufrieden geben, sondern unbedingt Beschwerde einreichen, sodass der Fall vor dem Oberlandesgericht landet. Je länger das Kind sich in Fremdunterbringung befindet, desto schlechter stehen die Chancen auf eine Rückkehr. Damit, dass es sich beim Eilverfahren lediglich um eine „vorläufige Entscheidung“ handelt, sollte man sich nicht abspeisen lassen. Zum einen dauert diese „vorläufige Entscheidung“ mehrere Monate an. Zum anderen schafft diese „vorläufige Entscheidung“ neue Tatsachen. Beispielsweise, dass das Kind eine Bindung zu den Pflegeeltern entwickelt.

Viele entscheidungsschwache Familienrichter am Amtsgericht folgen dem Jugendamt blind. Insofern sollte man sich von einem negativen erstinstanzlichen Beschluss nicht entmutigen lassen. Am Oberlandesgericht stehen die Chancen meist besser, da die Richter es dort im Rahmen von Beschwerdeverfahren gewohnt sind, auch anderslautende Entscheidungen zu treffen als vom Jugendamt empfohlen.

In der Praxis haben Widersprüche gegen Inobhutnahmen im familiengerichtlichen Eilverfahren oft Erfolg, wenn sie mit einem Privatgutachten bzw. einer privatgutachterlichen Stellungnahme untermauert werden. Da im Eilverfahren im Regelfall kein Sachverständiger seitens des Gerichts bestellt wird, wiegt das Wort eines Privatgutachters, der ein abgeschlossenes Psychologie-Studium vorweisen kann, umso mehr.